Mittwoch, 7. November 2012

9Komma81




Zwei Drittel sind gelb. Die anderen schwarz, silbern, grau. Und hier Schwarzweiße, mit blau-rotem Glitzern. Die Gelben blöken bei jeder Bewegung. Sie kriechen wie Lava, verklumpen, umfließen sich. Stillstand hier, Krauchen da, dann kurzes Rasen und wieder Stehen. Weiße und graue Quadrate, rechteckige Puzzleteile, verkantet, verschachtelt, gestapelt, gekippt. Flächen mit Kreisen und Höhlen, spitzenbewehrt. Geriffelte Schrägen, schwarze Kästen und Tunnelöffnungen, von Seesternen versperrt. 
Gerade hier unten wuselt es, zwischen dem Glitzern und Blinken. Wie kann es so bunte Muster geben, in einer asphaltfarbenen Welt? Wie die Bücher, die man anstarrt, bis Hologramme wachsen. Wie die Poster in Wohnungen, auf deren Dachgärten Cannabis gepflanzt wird. Wie die mikroskopischen Fotos von Zyten und Phagen und Blasten. Methylenblau. Eosinrot. Safraningelb. 
Ein Betonfluss mit Kristallen und dahinter, verspiegelt, Hände, die auf Münder schlagen, und aufgerissene Augen. Ein Strom aus Stein. Zerfließt zu grauen Schlieren. Betonniagara. Luft wie aus Wasserwerfen. Pfeifende Winde, die Staubnadeln tragen. 
Aber unten das gelbe Gewimmel. Und in jedem ein Mensch. Und jeder will irgendwo hin und ist dafür zu zahlen bereit. Das gelbe Blech umhüllt wärmendes Leder, die Heizung läuft, der Fahrer grüßt. Wer ein Taxi nimmt, hat ein Ziel. Wer ein Ziel hat, will leben. Stecknadelköpfe krabbeln durch den Stau. Ein Feuerwehrwagen teilt das Meer. Blau-rote Lichter verschmelzen.
Das Dach des Empire-State-Buildings ist mit einem Zaun geschützt. Ein Bolzenschneider lässt sich im Rucksack verstecken. 
Bäume machen grüne Filzkugeln aus ihren Wipfeln. Eine Schlange aus Menschenkieseln wartet auf Einlass. Ein Fahrrad hat sich als Büroklammer verkleidet und schlängelt sich hindurch. Der Bus ist ein weißer Riegel, wie ein Plastikteil auf Irrfahrt im Meer. Sonnenschirme sind Warzen, auf der faltigen Haut dieser Stadt. Das Hupen der Taxis stößt durch das Tosen. Bei jedem Spurwechsel, bei jeder Bewegung. Es liegt wie Konfetti über dem Brummen der Stadt. Die Taxis sprechen ein Morsealphabet. Menschen können es nicht verstehen.
Im rot-blauen Warnlicht ist man bemüht. Ein Stehen und Starren, ein Rennen und Holen, Funken, Winken, Parken. Mehr Autos, schwarz-weiß, Polizei. Mehr Feuerwehr, mehr Masse, mehr Mensch. Wollen sie ein Wasserbecken aus Blech und Uniformen bilden? Wollen sie ein Sprungtuch aus Blaulicht und Absperrband weben? 
Ein Muster aus Würfeln, gewunden und gestaut. Zwei Drittel sind gelb, der Rest schwarz, silbern, grau. Da mal ein blaues Auto, ein grüner Müllwagen dort. Eine Kette aus Blech. Eine Kolonie kriechender Wespen, gelb mit schwarzen Streifen, die weiße Laster und schwarze Limousinen mit sich schwemmt. Ein Setzkasten aus Dächern, Lüftungen und Schornsteinen. Da türmen sich Terrassen, Turbinen und Schächte und Spalten und Kies und schneeweiße Flächen, von Sonne gebleicht. Dazwischen grüne Tupfer aus Baum. Das ist schön.
Der Bolzenschneider fällt schneller als ich. Ist das überhaupt physikalisch korrekt? Neun Komma acht eins Meter pro Sekunde Quadrat. In einer Sekunde schlage ich auf.